Der literarisch-historische Ursprung der Artussage
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Erzählung

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Le Morte d'Arthur

Thomas Malory

„Le Morte D´Arthur“
mittelenglisch: Der Tod Arthurs

Das 15. Jahrhundert war eine Periode des allgemeinen Verfalls, aber auch ein bedeutendes Anwachsen des Wohlstandes durch die Zunahme von Handel und Industrie ist zu verzeichnen. Feudale Verhältnisse und die feudale Art der Produktion waren in Auflösung begriffen. Charakteristische Kennzeichen der bürgerlichen Lebensweise und bürgerlicher Wirtschaft bildeten sich heraus. [1]
Thomas Malory wurde um 1408 in Nebold Revel/ Warwickshire geboren. Er hatte zunächst eine Amtschaft in der Grafschaft Warwickshire und diente dann im Heer von Richard Beauchamp, Graf von Warwick, bei der Belagerung von Calais. 1444 oder 1445 saß er für Warwickshire im Parlament. Von 1450 bis 1460 war er wegen verschiedener Eigentumsdelikte, Einbrüche und Raubzüge gegen Schlösser auf der Flucht vor dem Gesetz oder inhaftiert als ritterlicher Gefangener. Er unternahm mehrere Ausbrüche. Näheres zu den Delikten ist nicht bekannt.
Malory taucht in den Listen der Ritter auf, die den sogenannten „Königsmacher“ Warwick  1462 auf einem Zug nach Northumberland begleiteten.
Wesentliche Teile seines Werkes wurden wohl in der Haft geschrieben.
Er starb am 14. März 1471.
[2]

„Das Werk ist eine 21 Bücher umfassende Sammlung von Prosaerzählungen aus dem Legendenkreis um König Artus und seine Tafelrunde, gedruckt 1485.
Die zwischen 1451 und 1470 im Gefängnis als lose Folge von Prosastücken entstandene und von dem Drucker Caxton unter dem irreführenden Titel „Le Morte Darthur“ zu einem Buch zusammengefasste Episodenerzählung ist eine Kompilation aus verschiedensten Quellen. Den Kern bildet eine Prosaauflösung mehrerer französischer Versromane über die Ritter der „Table Ronde“, daneben stützt sich Malory auf mittelenglische Bearbeitungen des Artusstoffes in Versromanzen (etwa „Sir Gawayne and the Grene Knight“ oder Gedichten (z.B. „Morte Arthure“). Nur für ganz wenige Erzählungen (vor allem für „Sir Gareth of Orkney“) sind keine Vorbilder nachweisbar. Für die meisten Übrigen hat man weit verzweigte Stammbäume aufgestellt, die tief in den keltischen Sagenkreis des Mittelalters hineinreichen. Aus diesem verschiedenartigen Material hat Malory geschickt die populärsten Motive ausgewählt und zu einem locker gefügten Ganzen zusammengeschlossen, dessen Einheit vorwiegend auf Caxtons Sammelausgabe und Malory´s sehr persönlichem Stil beruht.

Die Handlung stellt sich als eine Serie weitgehend voneinander unabhängiger Abenteuergeschichten dar, die meist nur das eine gemeinsam haben, dass alle darin auftretenden Ritter der Tafelrunde angehören. Man begegnet den bekannten Gestalten der mit dem Motiv der Gralssuche gekreuzten Artuslegende, wie sie dem spätmittelalterlichen Publikum wohlvertraut waren: Gawain, Tristan und Parzival fehlen ebenso wenig wie Merlin, Galahad und Lancelot (der als Lieblingsfigur Malory`s stark in den Vordergrund gerückt ist). Ihre Abenteuer bilden jeweils eine in sich geschlossene Erzählung, die meist glücklich – mit Festlichkeiten oder einer Hochzeit- endet. Darüber hinaus wird jedoch ein gemeinsamer Bezug erkennbar, eine negative Grundstimmung des Zweifels und der Hoffnungslosigkeit, bedingt durch den fortschreitenden Verfall ritterlicher Tugenden, der schließlich zur Auflösung der Tafelrunde führt. Malory verknüpft im Sinne dieser Säkularisierung des Stoffes das Schicksal Lancelots, der wegen seiner frevelhaften Liebe zu Guinevere bei der Gralssuche scheitert und in Schmach endet, mit dem Schicksal der ganzen Bruderschaft: Misstrauen und Verrat untergraben die ritterliche Welt- und Wertordnung, die Tafelrunde zerfällt in rivalisierende Einzelgruppen, die sich unerbittlich befehden und schließlich gegenseitig im Bürger- und Bruderkrieg zerfleischen.
Man hat diese Untergangs- und Katastrophenstimmung als indirekte Zeitkritik Malory´s gedeutet. In der Tat wird hier in dichterischer Verfremdung die Trauer über den Niedergang der Ritterwelt spürbar, das Unbehagen an den politischen und sozialen Umbrüchen  im Herbst des Mittelalters, die Kritik am sinnlosen Blutvergießen der Rosenkriege. Weite Teile des Werkes sind durchweht von einer Endzeitstimmung, die sich auch im Stil niederschlägt.
Die Sprache Malory´s will die lapidare Wucht frühmittelenglischer Prosa nachahmen, hat aber trotz ihrer anscheinenden Schlichtheit etwas Gekünsteltes, Dekadentes; meist bleibt sie deutlich hinter der dichterischen Kraft ihrer Vorbilder zurück. Dennoch geht von dem Werk eine eigenartige Faszination aus, von der sich viele spätere Dichter, unter ihnen Spencer, Tennyson und Swinburne anregen ließen und der noch in unserem Jahrhundert T.S. Eliot erlag. Gerade der moderne Leser zeigt sich wieder stärker ansprechbar für den Reiz des von Malory aufgegriffenen Stoffes, die keltisch-christliche Mythenwelt mit ihren archetypischen Situationen und Symbolen (wüstes Land, Gralsschloss, Vaterkönig u.a.). Hinzu kommen Vorzüge der Darbietung: Leicht gerät man in den Bann von Malory´s „magischem“ Stil, jenen elegischen Prosakadenzen, in denen sich ein Ton der Wehmut über das dahinsinkende ritterliche Zeitalter mit einer barock anmutenden Klage über die Eitelkeit alles Irdischen mischt.
Am Schluss des Buches gelingt es Malory, das gemeinsame Grundthema eindrucksvoll zur Geltung zu bringen. Die letzten vier Bücher lassen ahnen, das zwischen dem Vergehen von Lancelot und Guinevere, der Untreue, dem Verrat und der mörderischen Selbstzerfleischung der Tafelritter sowie dem Tod des Königs in der letzten Schlacht geheime Beziehungen bestehen, Ansatzpunkte für den großen Vernichtungsschlag dunkler Schicksalsmächte. In diesem letzten Teil vernimmt man deutlich den bedrohlichen Unterton der Zeitangst und Weltklage, der dem Werk, einer der größten englischen Prosaleistungen des 15. Jahrhunderts, seinen makabren Reiz verleiht. Die atmosphärische Dichte und sprachliche Ausdruckskraft solcher dichterischer Schwerpunkte haben das Fortleben dieser Episodensammlung gesichert.“
[3]

 

 


[1] vgl. Walther Martin im Nachwort von Malorys „König Artus“ (1977, S. 1017)

[2] vgl. siehe oben  (1977, S. 1015)

[3] Dr. Wilhelm Füger (1996, S. 988 f.)

 

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© Sabine Speer