Der literarisch-historische Ursprung der Artussage
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Geoffrey von Monmouth und die britischen Autoren

 Geoffrey von Monmouth

„Historia regum Britanniae“ 

Geoffrey wurde um 1100 in Monmouth (Wales) geboren und starb 1155 (1154?). Laut Walter F. Schirmer war er Gelehrter (als Magister an der Universität Oxford bezeugt) sowie Priester und Bischof. „Das Canterbury Register verzeichnet Geoffreys Ordination als Priester in Westminster am 16. Februar 1152 und seine Weihe zum Bischof von St. Asaph in Lambeth am 24. Februar 1152.“ [1]
Er verfasste die „Historia regum Britanniae“ (Die Geschichte der Könige der Briten, 1136),  „Prophetiae Merlini“ (1135) und die „Vita Merlini“ (1150).

Helmut Birkhan beschreibt Inhalt und Verlauf der Historia wie folgt:
„Die wichtigste Änderung in der Überlieferung trat ein, als sich die großangelegte lateinische Historiographie durch die geniale Geschichtsklitterung  des Geoffrey von Monmouth des Stoffes bemächtigte und ihn nun sowohl im Sinne des mittelalterlich-heilsgeschichtlichen Weltbildes als auch der Herrscherideologie im Dienste des normannischen Hauses deutete. Dabei bediente sich Geoffrey zunächst der Trojanersage, indem er die Briten über einen Brutus auf trojanische Flüchtlinge zurückführte, wie es damals nach dem Vorbild Vergils auch bei den Franken, Sachsen und Skandinaviern üblich war. Daran fügte er eine Reihe von Königen, bei denen bald der mythische, bald der historische Einschlag die Oberhand behält […], bis zur Zeit der Germaneneinfälle, wo dann mit der Gestalt des Zauberers Merlinus und seinen Prophezeiungen die eigentliche arthurische Geschichte beginnt. Den Höhepunkt bietet das Pfingstfest in Caerleon, nachdem Arthur über so gut wie alle Völker West- Nord- und Mitteleuropas triumphiert hat. Als die Römer, die sich als einzige nicht unterordnen wollen, Gesandte mit Tributforderungen schicken, bricht Arthur auf, Rom zu erobern, was ihm nach Geoffrey auch gelungen wäre, wenn nicht die Revolte seines schurkischen Neffen Modredus  und dessen verbrecherische Liebe zu Arthurs Gemahlin Guanhumara ihn nach Britannien zurückgerufen hätten. Am Flusse Cambula kommt es zur Schlacht – wir kennen Sie schon von Nennius (Camlann = „Cam-Ebene“) -, in der Modredus fällt und Arthur tödlich verwundet wird. Zur Heilung bringt man ihn auf die Insel Avalon. Diese Entrückung finden wir bei Nennius noch nicht.
Geoffrey versammelt bereits eine Anzahl von Helden an Arthurs Hof, die uns später immer wieder begegnen. Ich erwähne nur Walgannus, den Gwalchmei (walisisch, = Maifalke, S.) der walisischen Tradition (den Gauvain, Gawan, Gawein, Calvano, Walwen der Überlieferung auf dem Festland), Eventus (Owein, Ewain, Yvain, Iwein) und Caius, der sonst Kei, Keîn, Keu heißt.“
[2]

Und Heinz Ohff bewertet Geoffreys Verdienst:
„[…] Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Nennius ist Geoffrey ein kunstvoller, versierter, ja genialer Kompilator. Sein Hauptverdienst: er verleiht dem Britenkönig, der längst seinen Platz in der Sagenwelt besitzt, eine volle Biografie, an der es bislang gefehlt hat. Und er setzt diese Lebensbeschreibung kühn mitten hinein in eine ebenfalls angeblich reale Geschichte Britanniens. Was sie nicht ist, sondern eine Mischung aus viel Dichtung und wenig Wahrheit […]
Es scheint, als hätten die mittelalterlichen Autoren auf Geoffreys Artus-Biografie nur gewartet. Jetzt konnten sie daran gehen, der voll konturierten Sagenfigur weitere Heldentaten, Wunschträume, Heilslehren und ganze Sagenkränze an- oder umhängen. Dies ist Geoffreys alleiniges Verdienst. Er hat den König Artus zwar nicht erfunden, aber etwas Ähnliches getan: ihn nämlich aus hunderten von verstreuten Einzelteilen als Mosaik neu zusammengesetzt, wie es sich für eine legendäre Gestalt gehört: aus Poesie und Phantasie mit einem Kern aus – vielleicht – historischer Wahrheit.“
 [3]

Walter F. Schirmer schreibt: „Die frühen Artusdarstellungen sind in historische oder einen größeren historischen Zusammenhang erzählende Werke eingebettet. Das erste dieser Werke, die „Historia regum Britanniae“ des Geoffrey of Monmouth […] entstand 1136 oder zwischen 1136 und 38.“ [4]

Nach Walter F. Schirmer wurde die auf Gildas, Beda und der anonymen „Historia Britonum“ fußende „Historia regum Britanniae“ von Geoffrey später in zwölf Bücher eingeteilt:

Buch I Ankunft des Brutus (Urenkel des Trojaners Aeneas)
Buch II und III Geschichte der Nachfolger des Brutus bis zur Ankunft der Römer weiterhin Brautfahrten, Entführungen, Heereszüge
„Mit Belinus und Brennus berührt Geoffrey wieder historischen Boden.“
Buch IV und V „handeln von der römischen Eroberung. Aus der langen Königsreihe und den viel Kämpfen heben sich die Gestalten von Constantinus und Maximianus hervor.“
Buch VI beschreibt die Elendszeit nach dem Abzug der Römer. „Es ist die Zeit der Kämpfe mit den Pikten und Skoten, die Zeit Vortigerns und des Einfalls der Sachsen unter Hengist und Horsa.“
Buch VII Geschichte und Prophezeiungen Merlins
Buch VIII bis X „Auf Merlins Weissagungen hin versammeln sich die Briten zuerst unter Aurelius, […], dann unter Uther Pendragon. […] Damit beginnt die ruhmreiche Geschichte Arthurs, […]“
Buch XI und VII Niedergang und Zerfall des Britischen Reiches
[5]

 


[1] Walter F. Schirmer (1958,  21 f.)

[2] Helmut Birkhan, (1987, S. 29 f.)

[3] Heinz Ohff, (1993, S. 22 f.)

[4] Walter F. Schirmer (1958, S. 7 f.)

[5] Walter F. Schirmer (1958, S. 9 ff.)

 

 

Layamon

„Brut“
mittelengl. „Brutus", entstand um 1165

 „Layamons „Brut“ ist ein  Höhepunkt früh-mittelenglischer Dichtung. Sein über 16000 Langzeilen umfassendes Versepos ist nicht einfach nur eine Übertragung Waces in mittelenglische Verse. [1]
„In gewissem Sinne machte Layamon die Entwicklung von Geoffrey zu Wace wieder rückgängig. Er ist weniger höfisch als heroisch: Krieg und Kampf, die Laufbahn des angelsächsischen Führers, das Leben in Wald und Feld fesseln ihn mehr als die Feinheiten eines normannischen Hofes. Sein Arthur, der eigentliche Held, von dem nahezu ein Drittel der von Brutus Ankunft bis Cadwalader (689) reichenden Verschronik handelt, ist ein grimmiger, wilder Krieger, den die Feinde fürchten, die eigenen Leute fürchtend lieben.

Schon als fünfzehnjähriger König hat er gegen Aufrührer zu kämpfen, gegen Schotten, Pikten und Sachsen. Immer wieder entfesseln Verrat und heimtückische Überfälle neue Kriege; so entsteht ein heidnischer Aufruhr, als er im Norden die Orkney-Inseln und Norwegen unterwirft. Aber gewappnet mit seinem das Bild der Jungfrau tragenden Schild und dem von Elfen gefertigten Schwert Caliburn, erringt er den Sieg von Bath. Nach der Unterwerfung Schottlands lässt er die zerstörten Kirchen in York wieder herstellen, schafft einen gerechten Frieden und verteilt Teile des Landes an seiner Schwester Gatten und Söhne. Dann vermählt er sich in Cornwall mit Wenhaver, doch wiederum nimmt ihn das Kriegsgeschehen ganz in Anspruch, Irland, Island und Gotland werden unterworfen. Dänemark wird einbezogen und Frankreich in einem großen Kampf mit Frollo erobert. Abwechselnd in Frankreich und England hält er seinen Hof mit der berühmten runden Tafel, an der alle seine Ritter Platz finden. Dann kommt die Herausforderung Roms: Das Reich in der Obhut Wenhavers und seines Schwestersohns Mordred lassend, zieht Arthur siegreich auf Rom zu. Aber die Nachricht von seiner Gattin Ehebruch und Mordreds Machtergreifung ruft ihn zurück. Winchester und Cornwall werden erobert, der Verräter geschlagen, die Königin entsagt der Welt und geht ins Kloster. Arthur, zu Tode verwundet, übergibt sein Reich an Konstantin, den Sohn Cadors. Fast durchweg also Kampf und Krieg, nur die Geschichte von Arthurs Geburt und Tod ist weicher dargestellt. Merlins Zauber fügte seine Eltern Uther und Ygaerne zusammen und Feen verliehen dem Kinde Reichtum, langes Leben und fürstliche Tugenden unter den Menschen. Und zur Königin der Feen, zu Argante nach Avalon, will der Todwunde, um dort Heilung zu finden. Ein Zauberboot mit zwei königlichen Frauen führt ihn hin, von wo er einst zurückkehren wird, sein Reich in Herrlichkeit zu erneuern.

Walter F. Schirmers Schilderung ist geradezu eine Hommage an den Dichter:
„Das bewegte Geschehen ist bewegt erzählt. Entsprechend fehlt die reizvolle Kleinbildkunst Waces bei Layamon, dazu mangelt ihm die abgerückte Ruhe; er arbeitete zu sehr empfindungsmäßig, er dichtete die Geschichte nicht von außen,  er erlebte sie, und in leidenschaftlich gespannter Lage sprechen seine Figuren in Wendungen, die bei Wace nie zu finden sind. Der Dichter will mehr auf Einbildungskraft und Gefühl wirken als auf abgeklärtes Schönheitsempfinden und Verstand. Das erinnert an die Gesinnung altenglischer Dichtung, an die Vers wie Wortgebung anklingen. Die häufigen Naturvergleiche, besonders Meer, Sturm, Berge, Wälder, Tiere, haben meist keine Entsprechung bei Wace; Layamons Vergleiche wollen etwas anderes: nicht Anschauung, sondern Eindruck – auch das ein Wiederwachrufen englischer Dichtart. Aber Layamon darf nicht nur als rückwärtsgewandter Dichter gewertet werden, seine Dichtung brachte etwas ganz Neues, dem gegenüber alle frühere Dichtung und auch seine Vorlagen Wace und Geoffrey altertümlich erscheinen mussten: die Märchenatmosphäre. Dem Tatsachen liebenden, klar denkenden Normannen Wace lag das nicht, [...]  Bei Layamon hingegen verblüfft ein Fantasiebild nach dem anderen und sein Bericht von Arthurs Tod ist darum von ewiger Gültigkeit. Das Wunderbare, das Layamon in seine Dichtung hineinwob, hat wenig zu tun mit dem Zauberwerk verhexter Wälder und Schlösser, es ist ein keltisch-walisischen Geschichten verpflichtendes Fantasiegut, das Ausblick eröffnet in ein Reich des Ahnungsvollen, das Menschentum mit Übermenschlichem verknüpft. Und da dieser Layamon, von dessen Leben wir nicht mehr wissen als dass er Priester war und in King´s Areley (Worcestershire) lebte, der Welt des Wunders durch Ansprüche der Wirklichkeit ihr Gegengewicht gab, da er Verständnis für jede Seite menschlichen Lebens und Handelns besaß, so ist sein Werk viel mehr als eine Übersetzung des Wace, der den allgemeinen Bau der Geschichte lieferte: Es ist die größte epische Leistung zwischen Beowulf und Chaucer, ein Ansatz zu einer eigenen englischen Form des Versromans, […]“
[2]

 


[1] vgl. Walter F. Schirmer (1983, S. 96 f.)

[2] Walter F. Schirmer (1983, S. 97 f.)

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© Sabine Speer